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Meine neue “Freundin”

Darf ich vorstellen, ich habe seit letztem Jahr eine neue beste Freudin, genannt marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys). Dieses Viech macht mir das Leben schwer. Naja nicht mir, aber meinen Beeren und Knospen. Ursprünglich kommt diese Wanze aus Ostasien und wurde vor ganz kurzer Zeit zu uns eingeschleppt. Seit 2004 stinkt und saugt sie sich nun durch Europa, vorzugsweise da, wo es warm ist. 2015 ist sie dann in unserem schönen Wien angekommen. Da sie Städte ganz besonders liebt (da läßt es sich im Winter schnell ein kuschelig warmes Plätzchen finden) werden wir sie leider nicht so schnell wieder los werden. Sie hat hier bei uns, no na ned, keinerlei natürlichen Feinde.

Ihre Liebelingssaugobjetkte sind Beeren, Äpfel, Paradeiser, Paprika, Knospen, eigentlich so ziemlich alles. Bei mir waren es die Brombeeren. Ich hatte wirklich pfundweise wunderschöne Brombeeren, dann kamen die Wanzen in Massen und haben zum Saugen angefangen. Danach konnte ich alle Beeren weghauen. Alle kaputt, vertrocknet bzw. ungenießbar. Auch auf meinen Flieder hatten sie es abgesehen, da haben sie die Knospen angesaugt, mit dem Endergebnis, das heuer fast nichts geblüht hat. Die Baumwanzen saugen ja nicht nur, sonderm mit ihrem Speichel gelangt ein Enzym in das Gewebe, daraufhin enstehen Flecken bzw. Nekrosen, die Früchte und Pflanzenteile verfärben sich und können bei starkem Befall ganz absterben.

Adultwanz1
Ausgewachsene marmorierte Baumwanze. Charakteristisch sind die gelben Punkte und die gestreiften Fühler und Beine.

Jetzt gibt es eine gute und ein schlechte Nachricht.

Die schlechte zuerst, bisher gibt es kein einziges wirksames Bekämpfungsmittel. Das Viech reagiert auf ziemlich wenig. Wahrscheinlich würde DDT helfen, aber dann fällt ja nicht nur die Wanze vom Stengele  🙁  …

Die gute Nachricht, es gibt parasitäre Wespen, die die Eier von dem Biest befallen. Momentan wird daran ganz intensiv geforscht. Go science!

Und man kann selbst mit 2 Methoden gegen diese gefräßige Kerfe vorgehen.

Methode 1: Alle Beerensorten gut mit feinmaschigen Netzen abdecken, dann kommt die Wanze nicht hindurch (ein Vogelschutznetz ist zu weitmaschig!).

Und Methode 2, die ekelige aber wirksame Methode: mit Kaliseifenlauge naß spitzen (dann können sie nicht mehr wegfliegen) und dann machen sie bei mir Bekanntschaft mit Mr. Schere oder Mrs. Ziegelstein. Wenn die Wanze zermatscht oder zerschnitten wird, fängt es an zu stinken (deswegen auch der Vulgoname “Stinkwanze”). Den matschigen Wanzenüberrest kann man jetzt an das Geländer, an den Kübel oder auch an das Holz der befallenen Pflanzen schmieren. Keine Sorge, nach ca. einer Stunde ist das ärgste Gemüffel verflogen. Da die Wanzen allerdings einen sehr guten Geruchssinn haben, und noch lange das stinkende Sekret wahrnehmen, halten sie sich von der Stelle fern, wo ein Artgenosse zu Tode gekommen ist. Zumindest bis zum nächsten Regen.

Kurz etwas zur Biologie:

Zum Glück gibt es bisher bei uns nur eine Generation pro Jahr (die armen Italiener haben schon das Glück zwei Generationen zu haben und in ihrer südostsiatischen Heimat gibt es fünf bis sechs Generationen pro Jahr, na bumm!).

Im Frühling werden die Wanzen ab 10°C aktiv. Da krabbeln sie aus ihren Winterquartieren und stillen ihren ersten Hunger. Nach ein paar Wochen, so ab Juni (bis weit in den August hinein) beginnen die Weibchen mit der Eiablage. Sie legen die Eier an der Blattunterseite zu Gruppen von meist fast genau 28 Eiern. Zwischen 80 und 450 Eier kann ein einzelnes Wanzenweibchen produzieren.

nymphwanz1
Frisch geschlüpfte Nymphe einer marmorierten Baumwanze.

Nach wenigen Tagen schlüpfen die Larven. Diese durchlaufen 5 Nymphen-Stadien bis zum adulten (erwachsenen) Imago. Dieser Prozeß dauert zwischen eineinhalb und zwei Monaten. Während dieser ganzen Zeit saugen die Nymphen ebenfalls alles an, was nicht niet- und nagelfest ist.

Nymphwanz2
Etwas größere Nymphe. Deutlich schon erkennbar die farbig gestreiften Beine und Fühler.

Im Herbst suchen sich die Wanzen dann ein hübsches, kuscheliges Winterquartier und im Frühling beginnt der Zyklus von neuem. Leider sind die Wanzen bei uns hier winterhart, aber wenn der Winter streng ist, werden die Plagegeister doch reduziert. Inzwischen richten sie Millionenschäden im Obstbau an. Ich hoffe, daß es bald eine gute Lösung zur Bekämpfung für diesen eingeschleppten, invasiven Neozoen gibt. Es wäre auch wegen meinen Brombeeren 😉

Natürlich gibt es auch zahlreiche einheimische Wanzen, eine davon, die graue Feldwanze sieht der marmorierten Baumwanze sogar ziemlich ähnlich. Aber es gibt eindeutige Unterscheidungsmerkmale, die hier sehr anschaulich erklärt sind: http://www.halyomorphahalys.com/merkmale.html

Ach ja, was mir aufgefallen ist: da wo Ameisen auf meinen Beeren umeinanderwuseln,z.B. auf den roten Ribiseln mit ihren Blattlauskolonien, sind keine Wanzen 😉 … So als kleiner Gute-Nacht-Gedanke.

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