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Selbst ist der Saatgutmacher

So, die Tage werden nun trüber und grauer. Regen, Nebel, kalt und naß. Die Gartenarbeit draußen ist getan. Die paar Brokkoli, Salate und Mangolds kommen auch prächtig ohne uns zurecht. Dann können wir uns ja gemütlich im warmen Heim der gärtnerischen Zukunft widmen.

Ab der Wintersonnenwende geht es bei mir ja schon wieder los mit Vorziehen. Paprika und Chili sind wie immer die ersten.

Nun woher kann man denn die besten Samen bekommen? Natürlich bei sich selbst. Da weiß man, was man hat. 🙂 Bei nahezu allen angebauten Sachen kann man selbst Samen ernten. Es ist eigentlich ganz einfach.

Beispiel Chili/Paprika: einfach die Samen von den sehr reifen Früchten behutsam herauskratzen, auf (beschriftetes! 😉 ) Papier geben und gut trocknen lassen.

chili

Die Samenkörner sollten eine gelbe Farbe haben. Weiße Farbe zeigt eine ungenügende Reife an und davon wird dann fast nichts keimen. Das Saatgut sollte nach ein paar Tagen neben der Heizung fertig sein. Kleine Papiersackerl falten, oder kleben, draufschreiben was drinnen ist und, ganz wichtig, das Erntejahr notieren, zumachen und sich freuen.

Hier gibt es ein nettes Video zum falten. https://www.youtube.com/watch?v=7H_KE7887s4

Es gibt natürlich unzählige Farben und Formen, ein jeder wie es ihm gefällt. 🙂

Auch Kürbisse/Zucchini sind denkbar einfach um Saatgut zu bekommen. (Allerdings: siehe die Einschränkung durch die Einkreuzungsgefahr von Zierkürbissen -> https://gruenehilfe.at/panzerbeeren-oder-doch-panzerbaeren/ ).

kuerbissam1

(Nein, das auf dem Kürbis ist kein Schimmel, das sind Warzen und blaugraue Flecken)

kuerbisam2

Wenn man einen guten Kürbis/Zucchino hat, auch die Samen herauskratzen, ein wenig unter fließendem Wasser abspülen und auf Küchenrollenpapier trocknen lassen. Einmal nach ca. 4 Stunden wenden (sonst kleben sie fest). Kürbiskerne haben die nette Eigenschaft noch ein ganz dünnes Häutchen zu besitzen, das sich trocken aber sehr leicht entfernen läßt. Dann hat man wunderbar sauberes Saatgut. Und da man ja nicht 100 Samen benötigt, sondern nur maximal eine handvoll zum Pflanzen und Tauschen ist der Aufwand sehr überschaubar.

Auch Paradeiser sind extrem einfach in punkto Saatgut. Sie sollten allerdings schon leicht matschig sein, das garantiert gut ausgereifte Samen. (Und für die Spaghettisauce taugen sie nach der Samengewinnung allemal noch). Einfach das fleischige Innere mit den meisten Kernen herauspuhlen, den ganzen Glibber in ein Kaffeesieb geben und gut mit Wasser abspülen. Die Kerne werden dann zum Trocknen auf einen Kaffeefilter gelegt oder einfach auf ein Stück Papier.

tomsam

Ganz sauber werden sie nie, aber das paßt schon so.

Salat ist sogar noch einfacher. Salatkopf abschneiden und essen, den Rest aber in der Erde lassen und weiter gießen. Nach einer Weile kommen wieder Blätter und es bildet sich ein langer Stengel. An diesem Stengel gehen dann viele gelbe Blüten auf und bilden viele wunderbare Samen. Allerdings muß man ein wenig ein Auge darauf haben, wann diese Samen reif sind und abfallen und sie möglich vorher abnehmen und eintüten. Wenn man sie nicht erwischt, ist es allerdings auch nicht so schlimm, dann sät er sich halt selber aus, der Salat.

Es gibt natürlich noch viele viele andere Samen zu gewinnen, ich kann unmöglich hier alle aufzählen. Diese paar sind mal exemplarisch genannt. Wer sich wirklich mit der Samengewinnung ausführlich beschäftigen möchte dem sei dieses Buch: http://www.loewenzahn.at/page.cfm?vpath=buchdetails&titnr=2352 ans Herz gelegt.

Wer jetzt schon mit Feuereifer seinen Kühlschrank durchforsten will ;), dem möchte ich noch einige allegemeine Sachen mit auf den Weg geben.

Punkt 1: Dies ist fast der wichtigste Punkt. Nur Samen von Pflanzen vermehren, die keine Hybriden sind. Bioware sollte in der Regel “samenfest” sein. Samenfest heißt: die Eigenschaften der Elternpflanzen werden in der Tochtergeneration (komplett) erhalten. (Da war doch was mit Mendel und seinen Erbsen, gell -> https://de.wikipedia.org/wiki/Mendelsche_Regeln ).

Aus allen Saatgutpackerl die “Hybrid F1” als Bezeichnung tragen, können nur hybride Pflanzen entstehen. Diese sind nicht zur weiteren Vermehrung geignet.

Beispiel, ganz einfach erklärt: “Hybrid F1” wäre ein rosa Blümchen. Die Eltern dieses Blümchen waren je ein weißes und ein rotes Blümchen, das ergibt rosa. So weit so gut. Würde man nun Samen dieser rosa Blümchen nehmen und einpflanzen, kommen keine rosa Blümchen sondern ein bunter Mischmarsch aus allem heraus: rosa, rot, weiß, gescheckt… alles ist möglich.

Bei samenfesten Sorten, kommt aus einem rosa Blümchen immer (fast immer 😉 Mutationen gibt es immer und überall) ein rosa Blümchen heraus.

Deswegen zur Vermehrung nur “samenechte” Pflanzen verwenden.

Punkt 2: Nur von gesunden und wohlschmeckenden Früchten Samen entnehmen. Eigentlich versteht sich dieser Punkt von selbst, aber ich möchte dennoch darauf hinweisen. Wenn eine Pflanze krank ist, kann diese Krankheit dann auch über Samen übertragen werden. Dies nennt sich dann “samenbürtige Krankheit”. Viren, Bakterien und Pilzsporen können im Samen überdauern und die frisch gekeimte Pflanze sofort neu infizieren. Das wollen wir ja absolut vermeiden.

Und “wohlschmeckend” ist ja auch ganz einfach 😉 . Wer möchte schon die absolut nach nichts schmeckende “Hollandtomate” vermehren 😉 .

Punkt 3: Samen verlieren ihre Keimfähigkeit über kurz oder lang. Je kühler und dunkler sie gelagert werden, desto eher keimen sie im Frühjahr. Allerdings, der dunkelste Keller hilft nichts, wenn das Saatgut über 10 Jahre alt ist.

Pastinakensamen keimen ab dem zweiten Jahr fast gar nicht mehr. Der eigene Versuch hat bestätigt: von 100 Samen gingen 4 auf!

Kleine Tabelle:

6 Jahre keimfähig sind Paradeiser, alle Kohlsorten, Sonnenblumen

4-5 Jahre keimfähig sind Bohnen, Gurken, Kürbis, Zucchini, Chili, Paprika, Salat

2-3 Jahre keimfähig ist Schnittlauch

1 Jahr keimfähig sind Pastinaken, Zwiebelgewächse

Aber nach maximaler Lagrungszeit werden mit Sicherheit nicht mehr alle Samen angehen.

Noch eine kleine Anmerkungen zu Bohnen. Bohnen puhlt man einfach aus ihrer trockenen Hülle und hat fix-fertige Samen. Aber Achtung, es gibt da so ein kleines, fieses Biest mit Namen Bohnenkäfer. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Speisebohnenk%C3%A4fer )

bohnenkaefer

Dieses kleine Mistvieh legt seine Eier an und in den Bohnen selbst ab. Im schlimmsten Fall findet man im Frühling kein Saatgut mehr vor, sondern nur noch einen Haufen wuselnder Käfer. Daher sollte man Bohnen, die man aussäen möchte in das Tiefkühlfach geben. Zwei Tage langen in diesem Fall, danach sind alle gelegten Eier abgetötet. Diese Bohnen müssen allerdings schon gut getrocknet sein, ansonsten verlieren sie ihre Keimfähigkeit.

Aber nichtsdestotrotz, viel Spaß beim Saatgutgewinnen, tauschen und vermehren 🙂

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